Premiere: 15. September 2000
Helen: Tine Riese; Hannelore Jäger
Yana: Claudia Riese
Iris: Julia Koch; Joana Dentler
Regie: Heinz Koch
Kostüme: Claudia Riese
Bühne: Claudia Riese
Eifersucht ist eine Leidenschaft,
die mit Eifer sucht,
was Leiden schafft.
Friedrich Schleiermacher
Publikumsstimmen
Zum StückDas Stück „EiferSucht“ behandelt das Thema Eifersucht auf besonders raffinierte Weise. Drei Frauen (Helen; Yana; Iris) und ein Mann. Er, Lazlo, ist seit 18 Jahren mit Helen verheiratet, was ihn nicht hindert, sich erst mit Yana einzulassen, um diese dann wenig später auch zu verlassen, wegen Iris. Die drei Frauen wohnen im selben Hochhaus. Sie bekommen irgendwie von einander und von der Untreue Lazlos Wind, treffen sich aber nicht, sondern schreiben sich Faxe, böse, verzweifelte, sarkastische, witzige, emotionale, argumentative, bissige, in jeder Tonart. Es geht um große Gefühle, Liebe und - das noch größere: EiferSucht. Vor allem das Finale ist furios. Doch in letzter Konsequenz ist das Objekt der EiferSucht, der Mann, der eigentliche Verlierer. Von (s)einer Frau zurückerobert, verliert er seinen Wert.Am 16. September 1935 wird Esther Vilar in Buenos Aires geboren. Ihr Vater musste aufgrund seiner jüdischen Abstammung nach Argentinien emigrieren, ihre – ebenfalls deutsche – Mutter begleitete ihn dorthin. Vilars Eltern sind nicht besonders reich. Und so muss sie ihr Medizinstudium in kürzester Zeit an der Universität von Buenos Aires absolvieren und wird mit 21 Jahren die jüngste Ärztin Südamerikas. Nach Beendigung ihres Studiums kommt Esther Vilar mit einem Stipendium in die Bundesrepublik, in das Land, von dem ihre Mutter immer geschwärmt hatte. Dieser Auslandsaufenthalt sollte ihr Leben verändern. Zum ersten Mal bekommt sie Gelegenheit, ausgiebig zu lesen – und das tut sie fast ein ganzes Jahr lang. Von da an weiß sie, daß sie schreiben will und zwar 'hauptberuflich'. Doch zuerst arbeitet Esther Vilar noch zwei Jahre lang als Ärztin, dann widmet sie sich ganz der Schriftstellerei. Der große Durchbruch gelingt der Autorin 1971 mit dem "Dressierten Mann". Während eines Aufenthaltes in New York schreibt Vilar dieses Buch mit provokanten Thesen über die Ausbeutung des Mannes durch die Frau. Nach ihrem Auftritt in Dietmar Schönherrs "Wünsch Dir was" (der ersten TV-Talkshow in Deutschland) wird die Schriftstellerin 'über Nacht' zu einer der medienwirksamsten, weil polarisierendsten Autorinnen des Landes. |
Provokationen Das zentrale Thema der folgenden Sachbücher von Esther Vilar bleibt das Verhältnis zwischen Mann und Frau. Mit ihren Büchern "Das polygame Geschlecht" (1974) und "Das Ende der Dressur" (1977) vollendet sie ihre Trilogie über die Situation des Mannes in den westlichen Industrieländern. 1978, als Esther Vilars "5-Stunden-Gesellschaft" erscheint, verlässt sie Deutschland. Der Abschied war notwendig, weil sich einige Mitmenschen von ihren Thesen wohl zu sehr provoziert fühlten. Anstatt zu diskutieren, konfrontierten sie Vilar mit ihrem Hass. In den folgenden Jahren lebt sie in Frankreich, Italien, England, New York, Irland und Spanien. Sie schreibt in Deutsch "ALT – Ein Manifest gegen die Herrschaft der Jungen" (1980) und die "Antrittsrede der amerikanischen Päpstin" (1982). Die "Antrittsrede" wird 1984 als Theaterstück in Zürich uraufgeführt. Weitere Theaterstücke, Romane und Sachbücher folgen. Ihr neues Buch "Denkverbote" (1998) soll nun die gesellschaftspolitische Thematik und auch die gesamte Sachbuchreihe von Esther Vilar abschließen. Noch einmal werden hier diverse Thesen aus all ihren Büchern aufgegriffen. Sie versucht, unverrückbare Tabus unserer Gesellschaft aufzudecken und sie – was man mit Tabus eben normalerweise nicht macht – direkt auszusprechen. |
Vom Eifer der SüchtigenPremiere im AuGuS-TheaterVon unserem Mitarbeiter Christian Oita Mit einer Adaption von Esther Vilars "Eifer-Sucht" startete das Neu- Ulmer AuGuS-Theater am Freitag in die neue Spielsaison. Das moderne Drama wurde im letzten Jahr mit großem Erfolg in Düsseldorf uraufgeführt. Unter der Regie von Heinz Koch spielen jetzt Claudia und Tine Riese (erstmals gemeinsam auf der Bühne), zusammen mit Astrid Roenig, das Stück für drei Frauen und drei Faxmaschinen am Neu- Ulmer Theater. Raffinierter Plot "Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft". An dieser These Friedrich Schleiermachers orientiert sich die Geschichte der streitbaren Autorin Esther Vilar. Die Ausgangssituation ihres raffinierten Plots ist denkbar einfach: Lazlo ist seit 18 Jahren mit Helen verheiratet, was ihn nicht hindert sich mit der jüngeren Yana einzulassen, die im selben Haus wohnt. Kurz darauf verlässt er Yana, um bei einer jungen Studentin einzuziehen. Auch sie wohnt im selben Hochhaus. Dialoge per Fax Das Stück selbst zeigt lediglich den Fax- Dialog der drei Frauen. Lazlo taucht gar nicht nicht auf, er wird aber ständig erwähnt. Diesem dramaturgischen Kunstgriff ist es zu verdanken, dass die gesamte Aufmerksamkeit des Zuschauers die betrogenen Damen fokussiert. Hinzu kommt, dass es keine gemeinsamen Spielszenen der Darstellerinnen im traditionellen Sinne gibt. Zwar teilen sie sich die Bühne, aber jede von ihnen befindet sich in verschiedenen Apartments. Dort lesen sie erhaltene, beziehungsweise selbstverfasste Faxbriefe laut vor. Die Briefe enthalten Forderungen, Komplimente, verzweifelte Bitten, und sogar Morddrohungen. In ihren besten Momenten erinnert Kochs Inszenierung an Tragi-komisches aus den Stücken eines Neil Simon. Leider gibt es in der Sprache Vilars unnötige Ausflüge ins Vulgäre, die meist deplaziert wirken. Wortwitz, wie er in "Eifer-Sucht" gepflegt wird bedarf keiner frivolen Kalauer. Mit sichtbarer Spiellaune agieren die beiden Hauptdarstellerinnen Riese, die im Lauf des Abends abwechselnd Voyeurismus und Eifersucht als Liebes - und Leidensformen zelebrieren. Gekonnt spielt Claudia Riese in atemberaubender Garderobe auf der Gefühlsklaviatur einer weltgewandten Großstadtemanze. Von kühl-berechnend bis keifend- hysterisch - der Publikumsliebling sorgt auch hier wieder für die größten Lacher. Riese selbst hat die Liebe und ihre Nebenerscheinungen bereits in vollen Zügen ausgekostet. Privat heißt es für sie deshalb erst einmal: Rien ne vas plus! Wenn sich nach zwei Stunden in "EiferSucht" ein vermeintliches Happy End ankündigt, dann wurde bereits mit allen weiblichen Instanzen um einen Mann gekämpft, der es natürlich gar nicht verdient hat. Der Gute ist bereits jenseits der 50, hat einen Bauch und graue Haare. So kommt es, dass Vilars Stück schließlich - soviel darf schon mal verraten werden- auch von Frauenfreundschaften erzählt, die es ohne männliches Fehlverhalten gar nicht geben würde. Neu-Ulmer Zeitung, Montag, 18. Sept. 00 |