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Wir wollen DEINE Lieblings-Bühne sein   - "absurda comica" ein Stück von Heinz Koch nach Andreas Gryphius

Der vorliegende Text ist ein Ausschnitt des vollständigen Theaterstückes "absurda comica" oder "Herr Peter Squentz" nach Andreas Gryphius,

von Heinz Koch bearbeitet für eine Schultheater-AG



Personen:

Peter Squentz (sollte ein burschikoser weiblicher Spieler sein)

Pickel (muss ein männlicher Spieler sein)

Kricks

Klotz (muss ein männlicher Spieler sein)

Klipperl

Loll

Bulla

Königin

Prinz

König

Eubulus

Plamper (Lehrer, Leiter der Theater-AG)

Musiker (vom Solisten bis zum Oktett, die Barockes spielen können)

Ein Bühnenbild

Ein leerer Raum wie eine Probenbühne mit zwölf im Hintergrund herumstehenden und liegenden Stühlen


Vorspiel

Auf der Bühne Mitte hinten ein Rollstuhlfahrer (spielt später den Bulla)

den Rollstuhl lenkt ein Blinder (spielt später den Klotz)

Links an der Seite der Tod (vielleicht auf dem Hochsitz eines Tennis-Schiedsrichters, spielt später den Loll)

Die übrigen Mitspieler (außer Plamper) sind, als Mitspieler nicht kenntlich, im Saal verteilt.

Publikumslicht aus,

Scheinwerfer von rechts seitwärts auf Rollstuhlfahrer, Blinden

Spot von oben auf den Tod,

der Tod hat ein gutes Sensenmann-Kostüm mit entsprechender Maske,

die anderen beiden normal gekleidet, der Blinde mit Sonnenbrille, Armbinde (gelb mit drei schwarzen Punkten) und weißem Stock

Der Blinde schiebt den Rollstuhl im Scheinwerferkegel von Mitte hinten nach vorn rechts

Rollstuhlfahrer beginnt den Text zu sprechen:

"Was ist Zeit? Wer könnte das kurz und leicht erklären? Wer es denkend erfassen, um es dann in Worten auszudrücken? Und doch - können wir ein Wort nennen, das uns vertrauter und bekannter wäre als die Zeit? Wir wissen genau, was wir meinen, wenn wir davon sprechen, verstehen's auch, wenn wir einen anderen davon reden hören. Was also ist die Zeit? Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich's; will ich's aber einem Fragenden erklären, weiß ich's nicht"

Blinder fängt ebenfalls an, den Text zu sprechen, und zwar, wenn der Rollstuhlfahrer die ersten beiden Fragen (Was ist Zeit? Wer könnte das kurz und leicht erklären?) gesprochen hat.

Nachdem der Blinde diese beiden Fragen lauter als der den Text weiter sprechende Rollstuhlfahrer gestellt hat, sprechen den Text in vorher verabredeter Reihenfolge

Alle Mitspieler im Saal.

Dabei beginnt einer mit der Frage: "Was ist Zeit?"

der jeweils Nächste fällt ein.

Alle sprechen den Text vollständig dreimal.

Jeder Spieler im Saal geht, wenn er den dritten Durchgang beginnt, langsam auf die Bühne.

Alle bilden einen Halbkreis hinter dem Rollstuhlpaar.

Wenn der Letzte mit seinem Text endet, spricht der

Rollstuhlfahrer: Was also ist die Zeit? Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich's. Will ich's aber einem Fragenden erklären, weiß ich's nicht.

Tod (sehr getragen): Das unter dem Namen Zeit bekannte Phänomen ist lediglich eine Raumkrümmung ...

Rollstuhlfahrer hält es nicht mehr aus, springt schreiend aus dem Rollstuhl, volles Bühnenlicht an: Nee Leute! ich glaub, das Publikum will was Lustiges.

Blinder: Ja klar, Witziges!

Tod: Und woher weißt du, was die Leute witzig finden?

Squentz: Hinterher lachen wir auf der Bühne, und die unten finden's blöd.

Eubulus: Ich find, wir sollten ein Stück mit richtigen Problemen bringen

Kricks: Ja, so mit Kritik, an Lehrern zum Beispiel

Pickel: Ach Quatsch! Schule haben wir doch grad genug. Warum die Theater-AG damit versauen?

Königin: Wir könnten was gegen Ausländerhass machen oder so...

Prinz: Oder was gegen die Umweltverschmutzung oder so. Wenn wir bloß was zum Lachen machen, das find ich blöd.

Squentz: Ich finde, wir müssten sowas machen wie die Rocky Horror Show oder so

Eubulus: Ich würd gern nen Krimi machen. Ich wär gern mal 'ne Mörderin

Bulla: Ich möchte jedenfalls 'ne richtige Rolle spielen.

König: Vielleicht könnten wir aus dem Buch 'Die Welle' ein Stück machen

Squentz: Das wär toll. Obwohl...Das kennt jeder, das ist nicht so gut.

Klipperl: Klar, da erwartet jeder auf der Bühne, was er aus dem Buch kennt

Kricks: Ich möchte was richtig Klaschisses, Klaschisses, Klassisches

Klotz: Das ist dann schon so alt irgendwie. Vielleicht sollten wir lieber Kabarett machen, das wär doch was, Fernsehwerbung verarschen zum Beispiel

Prinz: Ich könnte mir vorstellen, also ich find den Sommernachtstraum...

Alle: Neeeee! Blöööööööh! Juhuuuuu....

Klipperl: Dann kommt die Zeitungskritik und fragt: Warum spielen Schüler nicht ihre Probleme?

König: Sommernachtstraum gibt's doch im Stadttheater...

Loll: Ich hab' keine Probleme

Königin: Ich hab welche. Aber die will ich nicht auch noch spielen

Prinzessin: Aber irgendwas sollten wir schon machen

Schweigen im Walde, plötzlich:

Eubulus: Goethe!

Alle Stöhnen, seufzen, verdrehen die Augen

Eubulus: Ja, Goethe! 'Die Bretter sind, die Pfosten aufgeschlagen und jedermann erwartet sich ein Fest.' Das müssen wir zu Anfang zitieren, das und noch weitere Zeilen aus dem 'Vorspiel auf dem Theater'.

Squentz: Und was soll das?

Eubulus: Ruhig ein wenig das Publikum angreifen, mit dem hier zum Beispiel: 'Ich weiß, wie man den Geist des Volks versöhnt, Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt, allein, sie haben schrecklich viel gelesen. Besonders aber lasst genug geschehn! Man kommt zu schau'n, man will am liebsten seh'n. Wird vieles vor den Augen abgesponnen, sodass die Menge staunend gaffen kann, so habt Ihr in der Breite gleich gewonnen, Ihr seid ein vielgeliebter Mann. Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen, Bedenkt, Ihr habt ein weiches Holz zu spalten, Und seht nur hin, für wen Ihr schreibt, wenn diesen Langeweile treibt, kommt jener satt vom übertischten Mahle. Und was das Allerschlimmste bleibt: Gar mancher kommt vom Lesen der Journale. Man eilt zerstreut zu uns wie zu den Maskenfesten, und Neugier nur beflügelt jeden Schritt, Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten und spielen ohne Gage mit.

König: He hör auf! Mir reichts.

Eubulus: Banause, lass mich doch in Ruh!

Prinzessin: Ja, ja: Der Worte sind genug gewechselt

Kricks: Lasst uns nun endlich Taten sehen

Pickel: Jetzt wissen wir noch immer nicht, was wir spielen, dann machen wir doch, was der Plamper will.

Plamper: Das ist mein Stichwort, ich bin der Deus ex Machina

Klipperl: Was ist denn das?

Plamper: Ich löse den Knoten, ich habe ein Stück!

Kricks: Was Gescheites? Zum Lachen oder ernst? Alt oder neu?

Plamper: Ich sag mal nix, verteil bloß die Rollen. Hier, das ist deine. Und du, du bekommst das. Und das ist deine, und da und da verteilt an jede(n) ein Rollenbuch

Alle blättern, Gemurmel beim Lesen

Plamper: So, jetzt probieren wir mal zu lesen, der Squentz fängt an.

Squentz (entrüstet): Ich soll ne Männerrolle spielen?

Plamper: Wir sind halt nicht besser besetzt, wir haben eben zu wenig Männer

Bulla: (erstaunt) Ich hab ja auch ne Männerrolle (fordernd) Dann müssen die Jungs auch Frauenrollen spielen!

Plamper: Jetzt fangen wir halt mal an! Bitte Squentz

Squentz liest ab: Edler, wohledler, hoooochedler, wohledelgeborener Herr Pickelhäring von Pickelhäringsheim und Salznasen

Niemand sagt was

Plamper: Was ist los? Wo ist der Pickelhäring?

Pickel: äh, oh, em, Ich glaub, ich bin das

Plamper: Dann bist du dran. Guck doch in den Text und lies mit. Die anderen auch. Also, der Squentz fängt noch mal an

Squentz: Edler, wohledler, hoooochedler, wohledelgeborener Herr Pickelhäring von Pickelhäringsheim und Salznasen

Pickel: Hier!

Squentz: Arbeitsamer und arm, arm, armmächtiger Mester Kricks, über und über Schmied

Kricks: Hier

Squentz: Tugendsamer, aufgeblasener und windbrechender Mester Bullabutan, Blasebalkenmacher

Bulla: Hier

Squentz: Ehrwürdiger, durchschneidender und gleichmachender Mester Klipperling, wohlbestellter Schreiner des weitberühmten Dorfes Rumpelskirchen

Klipperl: Hier

Squentz: Wohlgelahrter, vielgeschwinder und hellstimmiger Mester Lollinger, Leineweber und Mestersinger

Loll: Hier

Squentz: Treufleißiger, wohlwürkender, tuchhafter Mester Klotz-George, Spulenmacher

Klotz: Hier

Squentz: Verschraubet euch durch Zutun Eurer Füße und Niederlassung der hindersten Oberschenkel auf herumstehende Stühle, schließt die Repositoria Euers Gehirns auf, verschließet die Mäuler mit dem Schloss des Stillschweigens, setzt Eure 7. Sinne in die Falten, ich, Peter Squentz, habe euch etwas zu verkünden.

Loll: Reposi was?

Plamper: Re-Po-Si-To-Ri-A! Das kennst du nicht? Also sowas. Latein müsste man können, was? Repositoria, das heißt, ahem. Das bedeutet doch, em also: um es ganz korrekt zu sagen, hol ich schnell ein Fremdwörterlexikon (geht ab)

Klotz: (deklamiert übertrieben und verschraubt seinen Körper entsprechend dem Text) Verschraubt euch durch Zutun Eurer Füße und Niederlassung der hindersten Oberschenkel auf herumstehende Stühle (erregt sich echt) So ein Quatsch! Was sollen wir denn da spielen? Was ist das denn für ein Scheiß, so ne olle Kamelle!

Plamper: (wieder auf die Bühne kommend) Halt, halt! Das ist ein ganz dolles Stück! Das ist praktisch der Sommernachtstraum verkehrt herum. Man sieht praktisch die Handwerkstruppe aus dem Dorf, die am Hof des Königs ein Stück aufführen will. Und da klappt gar nichts. Die Handwerker haben sich übernommen. Die blamieren sich. Das ist doch lustig.

Squentz: Das finde ich nicht gut. Was ist, wenn das Publikum nicht merkt, dass die Handwerker die Patzer machen, sondern meint, wir könnten nicht spielen? Da blamieren wir uns doch

Plamper: Nein, nein! Das sieht man doch, dass Ihr die Handwerker spielt, die sich blamieren. Außerdem ist das schon lustig, wie der Squentz seinen Kumpels die Story des Stücks erzählt, welches noch gar nicht existiert.

Squentz: Spielen die Handwerker denn das Stück auch vor dem König? Es wäre doch für das Publikum langweilig, wenn nur erzählt wird, wie sie spielen wollen, aber das Stück gar nicht gezeigt wird.

Plamper: Klar, wird das Stück auch gespielt

Pickel: Was kommt denn drin vor? Wie ist denn die Story?

Plamper: (spielt, während er erzählt, alles übertrieben, unkönnerisch vor) In dem Stück, welches der Squentz mit seinen Kollegen vor dem König spielen will, geht es um das Liebespaar Piramus und Thisbe. Piramus hat Thisbe zu einem Brunnen bestellt. Da kommt zu diesem Brunnen eine mächtige Löwin. Thisbe rennt vor lauter Angst weg, lässt aber ihren Mantel liegen. Auf diesen Mantel wirft die Löwin Junge und trollt sich dann mit denen. Wenig später kommt Piramus, findet den blutigen Mantel, glaubt, seine Liebste sei von Löwen zerfleischt worden, und ersticht sich vor lauter Verzweiflung. Später kommt Thisbe zurück, findet den Toten und ersticht sich ebenfalls.

Alle schweigen

Squentz (seufzend): Und diese Geschichte wird nur von mir den anderen erzählt? Die wird nicht gespielt?

Alle: seufzen, stöhnen auf

Squentz: Das wäre doch so schön traurig, das müsste doch am Hofe gespielt werden. Da würde vielleicht mancher eine Träne verdrücken, das wäre doch lustig.

Plamper (energisch): Genug der Theorie, jetzt ists Zeit für die Ohrfeigenübung. Aufstellung!

Die Spieler stellen sich zu Paaren, jeweils einer (A) mit dem Rücken zum Publikum, der andere (B) seinem Partner gegenüber. B brüllt 'du Idiot' und deutet eine Ohrfeige an. A klatscht, fürs Publikum nicht zu sehen, in die Hände, schreit 'getroffen' auf und hält sich die Backe, dreht sich zum Publikum um und sagt entschuldigend 'Mir ist halt nichts Besseres eingefallen'. Die Paare spielen diese übung sehr schnell, aber nacheinander und in einem Wechsel, der dem Publikum es unmöglich macht zu wissen, welches Paar als nächstes kommt. Wenn alle durch sind, bücken sich alle mit durchgedrückten Knien, berühren den Boden mit den Fingerspitzen, richten sich langsam auf und steigern den Ausruf 'Haaaa!' von leise zu laut. Die größte Lautstärke wird erreicht, wenn die Arme und der Körper ganz nach oben gestreckt sind.

Black-out

Zwischenmusik (etwas Barockes vielleicht), möglichst live

danach volles Licht

Plamper (setzt sich ans Regiepult / auf der Bühne oder im Publikum): Die Handwerker zur ersten Durchlaufprobe bitte auf die Bühne! Wo ist der Peter Squentz? Ach, da bist du ja. Gut! Also, wir lassen mal den ersten Aufzug durchlaufen. Ich unterbreche nur, wenn nötig.

Erster Aufzug

Alle Spieler haben noch ihre normalen Sachen an, aber Kostüme sind angedeutet, hier ein Hut, da eine Schürze. Alle haben ihrem Handwerk entsprechendes Werkzeug als Requisit dabei.

Squentz: Also lasst uns am Hofe spielen. Der gestrenge Junker König ist ein großer Liebhaber von allerlei lustigen Tragödien und prächtigen Komödien. Ich möchte mit Eurer Hilfe eine jämmerlich schöne Komödie inszenieren , in der Hoffnung, nicht nur Ehre und Ruhm einzulegen, sondern auch große Verehrung für uns alle und für mich im Speziellen.

Bulla: Ich mach mit

Pickel: Das wird was Tolles. Und alle Welt wird davon reden, welch treffliche Leute der König in unserem Dorf hat.

Kricks: Aber was für eine tröstliche Komödie wollen wir spielen?

Squentz: Von Piramus und Thisbe

Klotz: Ja! Herrlich! über die Maßen trefflich! Da kann man vieles draus lernen. Aber: Ganz schlimm ist, ich kenne das Stück nicht. Würden Eure Herrlichkeit, Herr Peter Squentz, geruhen, es zu erzählen

Squentz: Nur zu gern. Das Stück basiert auf einer alten Geschichte. Piramus hat Thisbe, seine Liebste, zu einem Brunnen bestellt. Sie wartet auf ihn, der sich verspätet. Da kommt eine abscheußlich-hässliche Löwin, vor der Thisbe davonläuft, wobei sie ihren Mantel liegen lässt. Auf diesen Mantel wirft die Löwin Junge und trollt sich. Wenig später kommt Piramus, sieht den blutigen Mantel, glaubt, Thisbe sei gefressen worden, zieht ein Messer und erdolcht sich. Als nun Thisbe ihre Angst überwunden hat und zurückkommt, sieht sie ihren toten Piramus, nimmt verzweifelt das Messer und sticht sich auch in die Brust...

Pickel (ganz gespannt): Und stirbt?

Squentz: Und stirbt!

Alle raunen durcheinander. Oh, ah

Pickel: Das ist tröstlich. Es wird überaus schön anzusehen sein. Diese Liebe bis in den Tod! Schaurig-schön. Aber verratet mir, Herr Peter Squentz: Hat der Löwe eigentlich viel zu sprechen?

Squentz: Nein, der Löwe muss nur brüllen

Pickel: So will ich der Löwe sein, denn ich lerne schlecht auswendig.

Squentz: Oh nein, Monsieur Pickelhäring muss eine Hauptrolle spielen.

Pickel: Sehe ich denn danach aus?

Squentz: Freilich, Ja!

Klipperl: Und wer soll den Löwen geben? Ich schlage vor, das mach ich, weil er nicht viel zu sprechen hat.

Kricks: Nun ja, aber es wäre falsch, wenn der Löwe nur grimmig hereingesprungen käme und schrecklich brüllte, aber kein Wort sagte. Da würden sich die Damen allzu heftig entsetzen.

Klotz: Das meine ich auch. Insbesondere wegen der Schwangeren wäre es ratsam, wenn Ihr gleich beim Auftritt sagtet, Ihr wäret gar kein richtiger Löwe, sondern nur Meister Klipperl, der Schreiner.

Pickel: Und am besten lasst Ihr noch ein wenig vom Arbeitsschurz durch die Löwenhaut hervorlugen.

Loll: Wie kriegen wir überhaupt die Löwenhaut her? Ich hab sagen hören, ein Löwe sieht nicht viel anders aus als eine Katze. Wäre es da nicht gut, entsprechend viele Katzen zu schlachten, ihnen das Fell abzuziehen und euch nackend mit den noch blutigen Fellen zu überziehen, sodass sie umso fester an Eurer Haut ankleben?

Plamper: Stopp! Das lassen wir weg! Das ist gestrichen!

Loll: Was? Jetzt? Wo ich den Text schon kann?

Plamper: Ja! Das ist zu brutal! Das können wir dem Publikum nicht zumuten. Du fragst nur: Wie kriegen wir überhaupt die Löwenhaut her? Dann kommt gleich der Squentz mit seinem Einfall.

Kricks: Dan wird ja meins auch gestrichen.

Bulla: Und ich darf gar nicht mehr sagen, dass ich mein Lebtag noch keine gelbe Katze gesehen hab.

Plamper: Ich möchte das alles gestrichen haben. Also: Loll fragt und dann kommt gleich der Squentz! Los geht's!

Loll: Wie kriegen wir überhaupt die Löwenhaut her?

Squentz: Ich habe einen Einfall: Wir spielen doch bei Kunstlicht. Nun hat mir mein Gevatter, Mester Ochsen-Fuß, der unser Rathaus angemalt hat, erklärt: Bei Kunstlicht wird grün zu gelb. Und mein Weib hat noch einen alten Rock in grün. Der wird dann gelb wie ein Löwenfell erscheinen.

Kricks: Da wird, glaub ich gut. Aber Klipperling darf seine Rede nicht vergessen.

Klotz: Kümmert euch nicht darum, lieber Schwager. Herr Peter Squentz ist ein so gescheiter Mann, er wird dem Löwen schon die richtigen Worte ins Maul legen.

Klipperl: Kümmert euch nicht, macht euch keine Sorgen. Ich will so lieblich brüllen, dass König und Königin bitten: Liebes Löwichen, brülle noch einmal!

Squentz: Lasst euch unterdes die Nägel fein lang wachsen und den Bart nicht abscheren. So seht Ihr einem Löwen desto ähnlicher. So! Damit hätten wir das Problem erledigt. Ein anderes Problem: Nach der alten Geschichte schien bei Piramus und Thisbe der Mond. Nun wissen wir aber nicht, ob zur Aufführung der Mond tatsächlich scheinen will.

Pickel: Huuuuh, das ist tatsächlich ein Problem.

Kricks: Wir brauchen doch nur in den Kalender zu sehen

Klotz: Ja, hätten wir nur einen Kalender

Squentz: Der Mond muss dabei sein, wenn wir die Comedi spielen. Sonst ist alles Essig.

Kricks: Ich hab's: Ich werde mir Grünzeugs um den Leib binden, ein Kostüm als Busch tragen und eine Laterne an einer langen Stange tragen. Was haltet Ihr davon?

Pickel: Das müsste gehen. Aber der Mond muss doch am Himmel stehen. Wie schaffen wir das?

Squentz: Wie wäre es, wenn wir den Mond in einen großen Korb setzen und mit einem Strick auf und ab lassen?

Kricks: Damit der Strick reißt, ich herunter falle und Hals und Bein breche? Besser wäre es, wenn ich die Laterne auf eine halbe Pick-Hacke hänge und so etwas höher rauskomme.

Squentz: Nec ita male! Nur das Licht in der Laterne darf nicht zu lange brennen. Denn, wenn Thisbe sich ersticht, muss der Mond seinen Schein verlieren, muss sich verfinstern. Aber ad rem! Wie werden wir es mit der Wand machen?

Pickel: Was für eine Wand?

Squentz: Du lieber Himmel! Piramus und Thisbe müssen durch das Loch in der Wand miteinander reden.

Klipperl (schnappt sich Bulla und demonstriert an ihm, was er im Folgenden erläutert): Am besten, wir beschmieren einen von uns rundum mit Lehm und stellen ihn auf auf die Bühne. Er verkündet einfach, dass er die Wand ist. Und wenn Piramus redet, so redet er ihm ins Maul. Das ist das Loch. Und wenn Thisbe redet, dreht er ihr das Gesicht zu, sodass sie ihm ins Maul also ins Loch reden kann.

Squentz: Geht nicht! Thisbe muss dem Piramus den Liebespfeil durch das Loch rausziehen.

Pickel: Wir machen eine Wand aus Papier mit einem Loch drin.

Bulla: Die Papierwand kann aber nicht reden

Kricks: Das ist auch wieder wahr

Bulla: Ich mach mir eine Papierwand. Und weil ich noch keine Rolle habe, trete ich mit der Wand auf und sage: Ich bin die Wand!

Squentz: Apposité! Will sagen: Das paßt wie die Faust aufs Auge. Junker Pickelhäring, Ihr müsst den Piramus spielen!

Pickel: Prost Mahlzeit! Und was ist das für ein Kerl?

Squentz: Er ist die vornehmste Person im Spiel. Ein Chevalieur, Soldat und Liebhaber.

Klotz: Ja, Pickelhäring ist die führnehmste Person im Spiel. Er muss das Spiel zieren wie die Bratwurst das Sauerkraut.

Pickel: Ein Soldat und Casanova? So muss ich lachen und sauer sehen können?

Squentz: Aber nicht beides auf einmal.

Pickel: Das ist gut. Ich kann nämlich nicht beides zugleich wie der Hanswurst. Es steht auch so einer vornehmen Person wie ich bin nicht an. Sowas ist närrisch und keineswegs fürstlich. Und ich bitte euch, schreibt mir nicht zu viel Lateinisch in die Rolle. Die Wörter sind mir zu kauderwellisch und verwirren das ganze Spiel. Außerdem, weiß ich, kann ich sie nicht behalten.

Squentz: Gut, gut! Aber jetzt will mir das Herz in die Hose rutschen....

Klotz: Weshalb, ehrenwertester Herr Peter Squentz?

Squentz: Wo nehmen wir eine Thisbe her?

Loll (fragt zum Regiepult hin): Müssten wir da nicht noch was ändern? Das Publikum versteht doch die Sorge vom Squentz gar nicht, weil wir doch Frauen im Team haben. Wir haben doch nicht bloß Männer.

Plamper: Ihr werdet sehen, bei der Aufführung wird das alles ganz normal laufen. Das Publikum ist dann schon so drin, da wird sich keiner dran stoßen. Jetzt spielt mir das Ding um Himmels willen doch mal durch. Los, Squentz, frag nochmals!

Squentz: Wo nehmen wir eine Thisbe her?

Loll: Das kann der Mester Klotz-George am besten spielen. Der hat doch als Knabe damals schon mal die Susanna gegeben. Da hat er die Augen mit Speichel nass gemacht und sah so erbarmungswürdig aus, dass die alten Weiber weinen mussten

Squentz: Und das geht ja nun nicht mehr, weil er jetzt einen so großen Bart hat.

Klotz (zum Regiepult hin): Muss ich dann als Mester Klotz-George einen großen Bart haben?

Plamper (tut wie Rumpelstilzchen): Das ist hier eine Durchlaufprobe. Es sollte wenigstens eine sein. Man merkt, dass Ihr Amateure seid. Herr des Himmels nochmal. Ihr könnt doch nicht dauernd aus Euren Rollen aussteigen!...

Pickel: Aber ich sag doch als Nächstes: Kein Problem! Er mag sich das Maul mit einem Stück Speck umschmieren. So sieht er desto glatter aus und kann mit einer schmutzigen Goschen zum Fenster hinausschauen. Und der nennt den Vornamen des Mitspielers hat doch hier in Wirklichkeit noch gar keinen Bart. Da kann doch gar nichts mit Speck umschmiert werden.

Plamper: Ich hab mir das Problem notiert. Das lösen wir zur nächsten Probe. Jetzt geht's weiter. übrigens hatten wir statt schmutziger Goschen gesagt: Mit einer fettigen Goschen zum Fenster hinausschauen. Aber weiter, nur weiter, nur weiter! Kricks!

Kricks: Also nehmt die Rollen wie sie sind. Das Publikum sieht doch, dass Ihr nur Rollen spielt.

Plamper: Danke, (nennt den Vornamen des Spielers, der den Kricks spielt,) aber den Kommentar hätt's jetzt nicht mehr gebraucht

Kricks: Aber das ist doch mein Text. Soll der auch gestrichen werden?

Plamper: Nein, nein. Entschuldige, Herrgott, ich bin schon ganz durcheinander. Dabei spielt ihr doch schön. Für ne Durchlaufprobe ganz prima. Nur - dass sie nicht durchläuft. Also weiter. Kricks, nochmal.

Kricks: Also nehmt die Rollen wie sie sind. Das Publikum sieht doch, dass Ihr nur Rollen spielt.

Bulla: Meister Klotz-George, Ihr müsst nur fein leise, ganz leise sprechen

Klotz (ziemlich kräftig): Etwa so?

Squentz: Noch leiser

Klotz (unverändert laut) Also vielleich so?

Squentz: Noch leiser

Klotz (unverändert) Meint Ihr so?

Squentz: Viel leiser

Klotz (poltert): Es wird schon hinhauen. Ich will so leise und lieblich reden, dass König und Königin einen Narren an mir fressen werden.

Loll: Und was soll ich spielen?

Squentz: Zum Donner! Bald hätten wir schier das Notwendigste vergessen! Ihr müsst der Brunnen sein!

Loll: Der Brunnen!

Squentz: Der Brunnen!

Loll: Der Brunnen? Da muss ich ja lachen. Ich sehe ja einem Brunnen überhaupt nicht ähnlich

Squentz: Ihr kennt doch die Brunnen-Figuren!?

Pickel: Ja seid Ihr noch nie in Aachen, Ulm oder Brüssel gewesen? Ihr Meistersänger kommt doch weit herum - und da habt Ihr noch nie solche Brunnenfiguren gesehen?

Loll: Doch, aber wie soll ich Wasser von mir spritzen?

Pickel: Jetzt seid Ihr so alt geworden und wisst das nicht? Ihr müsst vornen!

Squentz: Holla, holla! Wir haben auch Damen im Publikum. Ihr müsst eine Gießkanne in der Hand haben. Und Ihr müsst auch Wasser im Mund haben und damit spritzen.

Klotz: Wird er auch sprechen können?

Squentz: Klar! Wenn er einen Vers geredet hat, muss er einmal spritzen. Nun zum Titel des Spiels: Wie soll es genannt werden? Comödi oder Tragödie?

Loll: Der berühmte Poet und Meistersänger Hans Sachs schreibt: Wenn ein Stück traurig ausgeht, ist es eine Tragödie. Weil sich hier nun zwei erstechen, geht es traurig aus. Ergo!

Pickel: Contra! Das Spiel wird lustig ausgehen. Denn die Toten werden in Wirklichkeit ja wieder lebendig, setzen sich zusammen und trinken kräftig einen. So ists eine Komödie!

Squentz: Wir wissen doch noch nicht, wie's wird. Vielleicht wird's ein Reinfall, und wir bekommen garnichts. Am besten sage ich: Ein schönes Spiel, lustig und traurig zugleich.

Hier endet der Probetext. Es handelt sich um ca. 40 Prozent des Gesamttextes

Der vorliegende Text ist ein Ausschnitt des vollständigen Theaterstückes.

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