Theater à la Carte
Theater Neu-Ulm beweist Vielfalt und Können
Bei ihrem neuen Theaterabend "Theater a la
Carte" wollen Claudia Riese und Heinz Koch, die zu zweit
das Ensemble der winzigen Ulmer Bühne bilden, ihre Zuschauer
mitentscheiden lassen, was auf die Bühne kommt.
Zunächst einmal aber gab es eine fulminante
Einführung von Heinz Koch. In TV-gerechtem Glitzeranzug kündigte
er mit atemberaubender Sprechgeschwindigkeit eine Show an, bis
ihn die mit Klasse schwäbelnde Schauspielerkollegin Claudia
Riese aus dem Publikum unterbrach und schließlich von der
Bühne vertrieb. Und das war dann erst der eigentliche Anfang.
Nach zwei Chansons und einer komischen, kleinen
Szene wurde das Publikum zur Wahl aufgerufen. Man sollte sich
ins Foyer begeben, wo man sodann von "Saaldienern" zu
seiner Auswahl theatralischer Speisen für den weiteren Abend
befragt wurde. Was angeboten wurde, waren zum größen
Teil Gedichte, Szenen und Lieder aus den 20er Jahren von Autoren
wie Erich Kästner und Kurt Tucholsky, daneben auch eine Menge
Loriot. Außer diesen festen Bestandteilen deutscher Kabarett-
und Revuekultur stand allerdings einiges Ausgefalleneres zur Wahl,
etwa kurze Stücke und Szenen von Marguerite Duras, von Tabori,
Orwell und von Klassikern wie Moliere und Shakespeare. Insgesamt
eine Speisekarte, durch die Heinz Koch und Claudia Riese schon
von vornherein ihre Vielfalt unter Beweis stellten.
In der Darbietung hielten die Schauspieler, was
das Programm versprach. Das Publikum hatte drei Stücke von
Loriot gewählt, eines davon konnte nur durch Münzwurf
auf offener Bühne den Sieg über Marguerite Duras davontragen
- ein schönes Beispiel für die Flexibilität des
Theater-Teams. Für ihre gelungenen Loriot-Interpretationen
sind die beiden ja bereits bekannt, aber auch bei anderen Stücken
bewiesen sie ihre Qualitäten. So trug Heinz Koch Taboris
Monolog "Der alte Mann und was mehr", der von Alter,
Leben, Tod, Weisheit und den irdischen Genüssen handelt,
in bewegend abgeklärter Altmännermanier vor.
Die Speisenfolge wurde auch durch nicht vom Publikum
gewählte "Zwischengänge" unterbrochen. Es
gab eine Menge pianobegleitete Lieder aus den 20ern, wobei besonders
Claudia Rieses schnoddrige Soubrettenstimme fürs authentische
Flair sorgte.....
Maria-Bettina Eich, Südwest
Presse (3. Mai 97)
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