"Gurke oder Banane"
Alles aus dem Stegreif
Das Publikum zeigte bei der ersten Auflage der
Improvisations-Show "Gurke oder Banane" im Theater Neu-Ulm
beiden Teams durchweg die begehrte Staudenfrucht.
MARKUS FÜLLER
Textbücher, Rollenskripte und Notenmappen
hat die Theater-Crew aus Neu-Ulm für die nächsten paar
Monate wohl irgendwo kühl im Garten vergraben oder gleich
im seichten Wasser der Kleinen Donau versenkt. Die Bühne
wird den Sommer über zur Theatersport-Arena, in der zwei
ambitionierte Equipen versuchen, aus (fast) nichts alles zu machen,
die Idee des Augenblicks beim Schopf zu packen und damit um Sympathie-
und Punktegunst des Zuschauers zu buhlen. Der ist Jury, Schiri
und Regie-Gott in einem.
Beim Auftaktderby über gut 120 Minuten am
Start: Zwei explosive gemischte Doppel, die roten "Silcherlerchen"
(Christiane Reichert und Adrian Herzig) gegen die "Neu-Ulmer
Spatzen" in Grün (Claudia Riese und Matthias Istel),
Stegreif-Asse alle vier, denen auch beim ausgefallensten Wunsch
aus den Rängen nicht die Spucke weg bleibt. Ausgeprägte
Wüstenkrimis, teilweise im Berberslang, angeregte Verdolmetschungen
der Radsportambitionen eines äthiopischen Gynäkologen,
kein Problem. Selbst wenn vom Spielleiter Harry Halerien (unparteiisch
Heinz Koch) ein Fremdwörterbuch ins Publikum gereicht wird,
um weitere Stimulantien ins Match zu bringen, sind die Teams um
keinen irrwitzigen Sketch, um keinen Schlagabtausch verlegen.
Da wird, ausgehend vom sterilen Stichwort "Prophylaxe",
im Handumdrehn ein ganzes lettisches Dramolett gequatscht.
Aber das ist eigentlich alles nur wenig mehr als
die Pflicht. Richtig zur Sache geht es erst, wenn es für
das Auditorium - wie man im Theatersport sagt - "nach einem
Song riecht." Dann greift Herbie von Karavan (Tobias Wahren)
in die Tasten und versucht den kurzfristig zu Stand-up-Sängern
mutierten Akteuren höchst situationskompatibel einen Blues,
eine Ballade oder auch eine rockige Nummer unterzulegen, zu der
dann solistisch, als "Liebesduett im grönländischen
Packeis" oder aber im Quartett geträllert wird. Da tobt
das Stadion.
Mit ihren Scores in den Spezialwertungen hatten
die Grünen in der Endwertung letztlich die Nase vorn, Gurken
hat aber wie gesagt auch niemand gesehen, deshalb das abschließende,
faire Urteil: alles Banane!
Südwest Presse, 30. Juni 2003
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