1. Beim Schwitzen transpirieren
wir, wenn wir weinen, kommen uns die Tränen - was passiert
beim Lachen?
Vieles! Die Nase legt sich in Falten, die Nasenlöcher
weiten sich. Der Kopf wird zurückgeworfen, die Augen werden
geschlossen. Der Zygomaticus-Muskel zieht den Mund nach oben
und sorgt für einen glücklichen Ausdruck. Der Augenmuskel
wird angespannt und aktiviert im Gehirn positive Gefühle.
Der "Lachmuskel" spannt 15 Gesichtsmuskeln an, darunter die
des Tränensacks, so dass wir "unter Tränen lachen
können". Der Mund weitet sich, weil die Ein- und Ausatmung
(stossweise) vervielfacht wird. Dabei werden die Stimmbänder
in Schwingung versetzt, so dass es die typischen stakkatoartigen
Lachlaute gibt. Der Brustkorb wird gezerrt (manchmal schmerzhaft).
Der Körper schaukelt hin und her. Das Zwerchfell "hüpft"
und massiert die Eingeweide.
2. Ist das so etwas wie
ein seelischer Jauchzer?
Unbedingt. Lachen ist Ausdruck von Befreiung
und Spannungslösung. Im Lachen steigen wir aus jeglicher
Selbstkontrolle aus. Wir überlassen uns ganz der "Weisheit
des Körpers" - so wie das auch ein neugeborenes Kind tut.
Damit kann die ursprünglichste und reinste Lebensfreude
fliessen.
3. Welcher
Reiz ist dafür verantwortlich?
Diese Frage hat schon Erich Kästner aufgeworfen:
"Worüber lacht der Mensch? Er lacht, wenn man ihn kitzelt.
Oder er lacht, wenn er andere lachen hört. Aber worüber
lacht der Mensch, wenn sein Herz und sein Verstand bei der Sache
sind? Das ist rasch gesagt: Er lacht meist über Kontraste.
"Kontraste" ergeben sich immer dann, wenn der gewohnte Lauf
der Dinge - das, was wir als "normal" auffassen - plötzlich
abbricht, wenn etwas Unerwartetes auftritt. Das kann schon der
Fall sein, wenn ein Opernsänger einen Schluckauf kriegt
oder eine Autoritätsperson auf der berühmten Bananenschale
ausrutscht. Dies erscheint allemal lustig, doch ob dabei wirklich
herzhaft gelacht werden kann, bzw. darf, das hängt auch
von der Kontrolle unseres Gewissens ab.
Von harmlosen Kontrasten leben übrigens absurde Witze,
paradoxe Wortspiele und geistreiche Scherze. Ein Beispiel bringt
uns Woody Allen: "Der Nihilismus behauptet, dass es kein Leben
nach dem Tode gibt. Ein deprimierender Gedanke, besonders für
einen, der sich nicht rasiert hat!"
4. Ist Lachen über einen
Witz das Gleiche wie Lachen beim Kitzeln?
Von der Intensität her wahrscheinlich nicht.
Solange unser "Denkapparat" aktiviert bleibt, lachen wir nicht
so intensiv wie bei einer wirklich "primitiven", also rein körperlichen
Reizung. Deshalb verzichtet man beim sogenannten Reflexlachen
(das für therapeutische Zwecke genutzt wird) auf verbale
Auslösereize.
5. Warum fangen wir plötzlich
an zu lachen, wenn jemand irgendeinen Schwachsinn erzählt?
Es ist wieder das Kontrasterlebnis: Der Zusammenprall
von Vernunft und Unvernunft bringt den normalen Ablauf unseres
Denkens zu einer Art Entgleisung. "Wir können nicht mehr...",
heisst es bei solchen Gelegenheiten häufig, und wir überlassen
uns deshalb der Spontanreaktion unseres Körpers, die sich
im Lachen entbindet. Woody Allen ist übrigens ein Meister
auf diesem Gebiet, wie der folgende Ausspruch zeigt: "Es mag
stimmen, dass es keinen Gott gibt. Aber versuchen Sie einmal,
einen Installateur am Wochenende zu finden!".
6. Was bewirkt das Lachen im
Körper?
Die Atmung wird stark angeregt, so dass es zu
einem beschleunigten Austausch von verbrauchter und sauerstoffangereicherter
Luft kommt. Dadurch werden u.a. die Verbrennungsvorgänge
im Körper gefördert. Der Herzschlag wird zunächst
beschleunigt, um sich bald deutlich zu verlangsamen, so dass
der Blutdruck gesenkt wird. Die Skelettmuskulatur entspannt
sich. Insgesamt kommt es zu einer besseren Durchblutung der
Muskulatur. Stresshormone werden abgebaut und die Verdauungsdrüsen
angeregt. Die "körpereigene Polizei" wird alarmiert. So
können Blutinhaltsstoffe deutlich vermehrt werden, die
die Immunabwehr sicherstellen. Schliesslich kommt es zu einer
Ausschüttung von schmerzlindernden "Glückshormonen",
den Endorphinen, die sich sonst nur selten (z.B. nach langem
Joggen) im Blut nachweisen lassen.
7. Stimmt es, dass Lachen die
Immunabwehr stärkt?
Aufgrund erster kontrollierter Untersuchungen
amerikanischer Gelotologen kann angenommen werden, dass Lachen
eben jene Blutinhaltsstoffe vermehren hilft, die der Immunabwehr
dienen. Dazu gehören die T-Lymphozyten und T-Helferzellen,
die bei der Abwehr von Krebs und kardiovasculären Krankheiten
von Bedeutung sind. Lachen führt ferner zu einer Vermehrung
der natürlichen Killerzellen, die bei der Eliminierung
von geschädigten und entarteten Zellen von Bedeutung sind.
Ausserdem bewirkt Lachen die Zunahme von Immunglobulinen, "Antikörpern",
die den Keimbefall im Bereich der Atmungsorgane hemmen. Auch
das vielzitierte Gamma-Interferon ist im Blut von Menschen,
die zuvor ausgiebig gelacht haben, vermehrt nachweisbar.
8. Baut Lachen wirklich Stress
ab?
Die Stressreaktion wird zentralnervös gesteuert
und führt, u.a. durch Vermittlung des "sympathischen" Bereichs
des vegetativen Nervensystems, zu einer deutlichen Anregung
der funktionalen Abläufe von Atmung, Kreislauf, Herz und
des Bewegungsapparats. Dabei wird die Hirnanhangsdrüse
(Hypophyse), die als Schaltzentrale der Hormonproduktion fungiert,
einbezogen. So kommt es zu einer vermehrten Ausschüttung
des Nebennierenhormons Cortisol, das einerseits entzündungshemmend
wirkt, andererseits (längerfristig) aber auch zu einer
Schwächung der Immunabwehr führen kann. Die Bildung
von Lymphozyten, natürlichen Killerzellen und Antikörpern
wird dabei eingeschränkt. Ferner wird die Eiweisssynthese
gehemmt, die für den Aufbau der Muskelsubstanz (und damit
der Leistungsfähigkeit) von Bedeutung ist. Ausserdem wird
bei einem andauernden Stresszustand auch der Mineralhaushalt
im menschlichen Körper negativ beeinflusst, so dass die
Funktionsfähigkeit der Skelett- und Herzmuskulatur beeinträchtigt
werden kann.
Zusätzlich werden im Rahmen einer Stressreaktion die entzündungshemmenden
Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin vermehrt ausgeschüttet,
die sog. "Flucht- und Angriffshormone". Dies führt dazu,
dass der Insulinspiegel erhöht und das Herz-Kreislaufsystem
sowie der Muskeltonus aktiviert werden. Wird der Stress zu einem
Dauerzustand, können sich allerdings allmählich Bluthochdruck,
Herzbeschwerden und chronische muskuläre Verspannungen
einstellen.
Stress ist nicht grundsätzlich gefährlich; er wird
erst dann zu einem gesundheitlichen Problem, wenn er zu einem
Dauerzustand geworden ist. Entscheidend ist, dass die stressbedingte
Dominanz jener Bereiche des vegetativen Nervensystems, die für
Anspannung und Erregung verantwortlich sind, regelmässig
unterbrochen, bzw. abgebaut wird, so dass der "parasympathische"
Bereich dominieren kann. Dies ist der Fall, wenn es zu einer
durchgreifenden emotionalen und muskulären Entspannung
gekommen ist. Es gibt viele Möglichkeiten, diesen Entspannungszustand
herbeizuführen. Lachen ist eine davon. Allerdings vermag
nur ein ausgiebiges, intensives Lachen, das längerfristig
anhält, diese heilsame Entspannung ermöglichen. Denn
die Wirkung des Lachens ist paradox: Lachen löst die Stressreaktion
nämlich zunächst selbst aus. Kurzfristig erhöht
sich die Herzfrequenz. Der Blutdruck steigt dabei entsprechend
an, so dass man von einer Schockwirkung sprechen kann. Doch
nach wenigen Minuten stellt sich eine anhaltende Entspannungsphase
ein, die unter der Dominanz des Parasympathicus steht: Der Herzschlag
verlangsamt sich und verbleibt auf einem niedrigen Niveau. Dabei
entspannt sich die Muskulatur der Arterien, so dass das Gefässvolumen
erhöht wird: Der Blutdruck wird dadurch längerfristig
reduziert. Ebenso wird beim Lachen zunächst die Skelettmuskulatur
angespannt, um sich allmählich dauerhaft zu entspannen.
Dies ist nicht zuletzt für die Schmerzbehandlung von Bedeutung,
da viele Schmerzen mit einer anhaltenden Muskelspannung verbunden
sind. Ausserdem wird in der Folge einer lachbedingten Entspannung
der Hormonhaushalt reguliert, so dass der Überproduktion
der Stresshormone Einhalt geboten wird.
9. Verbessert Lachen die Laune
oder lache ich, weil ich gute Laune habe?
Beides ist richtig: Lachen erzeugt gute Laune
und aus einer guten Laune heraus kann ich dann wieder herzlicher
und intensiver lachen, so dass noch mehr gute Laune entsteht.
Wer sich bewusst entscheidet, ausgiebig zu lachen, setzt also
einen positiven Kreislauf in Gang.
Echtes (herzhaftes) Lachen stellt sich spontan allerdings nur
dann ein, wenn man sich von all dem innerlich distanzieren kann,
was die natürliche Lebensfreude trübt. Diese ist jedem
Menschen wesensmässig mitgegeben; sie ist Bestandteil unseres
inneren Kindseins. Wo sie verschüttet ist, hat der "Ernst
des Lebens" - als Ausdruck perfektionistischen Erwachsenenlebens
- zu sehr die Oberhand gewonnen. Dies zeigt sich in einem entmutigenden
Hang, sich zu viele Gedanken zu machen über die Konsequenzen
eigenen Tuns im gesellschaftlichen Zusammenhang. Man wird so
zunehmend gehemmter, lustloser und ernster. "Das Lachen vergeht".
Wem es gelingt, sich von dieser perfektionistischen Selbstkontrolle
zu befreien, der kommt an seine ursprüngliche Lebensfreude,
die sich immer im Lachen äussert, wieder heran.
10. Soll man bewusst lachen?
Unbedingt! Leider sperren sich manche Menschen
gegen die vielen Anlässe, die sie zum Lachen bringen können.
Wir sollten es umgekehrt machen: systematisch nach komischen
Auslösereizen suchen, die den Lachreflex in Gang setzen.
Es steht in unserer Macht, dem Alltag viele lustige Seiten abzugewinnen,
mit unseren Mitmenschen Scherze und Witze auszutauschen und
uns in unserer Freizeit bewusst auf humorige Situationen einzulassen;
z.B. uns lustige Filme und Komödien anzusehen. Dabei sollten
wir uns bewusst um ein lautes und intensives Gelächter
bemühen.
11. Wie geht das?
Eine Möglichkeit, um in ein langes und
herzhaftes Lachen zu kommen, ist die von Dr. Madan Kataria aus
Bombay entwickelte Methode. Sie basiert auf Elementen des Yoga
und ist strikt "nonverbal". In Indien treffen sich inzwischen
täglich zehntausende von Menschen auf öffentlichen
Plätzen, um sich in diesem speziellen Lachen zu üben,
zu erheitern und gesundheitlich zu stärken. Auch in Deutschland
haben sich derartige "Lachklubs" bereits etabliert. Man kann
aber auch Tonbänder abhören, auf denen das vielstimmige
Gelächter von Menschen aufgenommen ist, die sich mehr als
eine halbe Stunde einem derartigen "Reflexlachen" hingeben.
Indem man sich einfach "einklinkt" (was nach wenigen Minuten
immer gelingt) ist man ein Teil dieser Lachgruppe, egal ob man
daheim im Sessel sitzt oder sich in einem Stau auf der Autobahn
befindet.
12. Ist es besser, leise, laut
oder gar prustend zu lachen?
Am besten ist es auf jegliche gedankliche Kontrolle
zu verzichten und sich "ganz gehen zu lassen". Dadurch ergibt
sich jenes "Lachen aus dem Bauch heraus", das niemals leise
oder verhalten ist, sondern - ganz im Gegenteil - einer emotionalen
Explosion gleichkommt.
13. Ist es besser allein oder
in der Gruppe zu lachen?
Auf jeden Fall in der Gruppe. Lachen ist bekanntlich
"ansteckend". Wenn wir zusammen mit anderen lachen, entsteht
eine gemeinschaftliche Heiterkeit, die wir auch von anderen
Anlässen her kennen, z.B. Karnevalsveranstaltungen oder
Kabarettaufführungen.
14. Wenn einem die Tränen
kommen, wird es dann zuviel?
Lachtränen fliessen, weil der Lachmuskel
auch die Muskulatur einbezieht, die den Tränensack umschliesst.
Alles, was dann geschieht, ist reine Befreiung: Wir vergiessen
nur die Tränen, die wir zuvor zurückgehalten haben.
15. Wie wird Lachen bei Krankheiten
eingesetzt?
Es gibt die Möglichkeit, das reine Reflexlachen
zum Beispiel zur Stärkung der Immunabwehr gezielt einzusetzen.
Daneben gibt es inzwischen eine Reihe von psychotherapeutischen
Verfahren, die - wie etwa die Provokative Therapie - ausdrücklich
humorbezogen sind. Hier geht es aber stets um die "Umstellung"
selbstschädigender Einstellungen. Der Patient soll lernen,
das Leben aus einer anderen, heiteren Perspektive anzupacken.
Dass dieser Umstellungsprozess auch mit Lachen einhergeht ist
selbstverständlich.
16. Ist das eine ernsthafte Therapie?
Ein humorbezogenes Vorgehen kann bei den meisten
der schon bekannten psychotherapeutischen Verfahren eine sinnvolle
Ergänzung darstellen. Dabei muss man unbedingt zwischen
Unterhaltungshumor und therapeutischem Humor unterscheiden.
Letzterer zielt nicht darauf ab, den Patienten um jeden Preis
zum Lachen zu bringen. Es soll vielmehr ein Prozess angeregt
werden, der zu einer selbstbejahenden, mutigen Einstellung führt,
die mit Heiterkeit und Lebensfreude einhergeht.
Allerdings gibt es auf dem "Psycho-Markt" auch Angebote, die
mit therapeutischem Humor nichts mehr zu tun haben, sondern
nur auf den schnellen, reisserischen Effekt abzielen. Diese
Verfahren sind sicher nicht "seriös".
17. Und die Kassen lachen sich
ins Fäustchen...
Lachen "auf Krankenschein" gibt es, zumindest
in Europa, bislang nicht. In sehr vielen amerikanischen Krankenhäusern
gibt es jedoch fest angestellte "Humorberater". "Gelächterzimmer"
wurden etabliert, und therapeutisch wirksame Humor- und Lachprogramme
werden angeboten. Viele Krankenschwestern und (Kinder-) Ärzte
haben sich zum "Klinik-Clown" fortgebildet. Diese erfreuliche
Tendenz besteht auch in Deutschland, wo es eine Reihe von Vereinen
gibt, die "Klinik-Clowns", bzw. "Clowndoktoren" ausbilden. Im
Rahmen des jährlich in Basel stattfindenden internationalen
Kongresses "Humor in der Therapie" wird über diese Entwicklung
anschaulich berichtet.
18. Woher kommt die Lachtherapie?
Aus den USA. Auch Dr. Kataria hat sich ursprünglich
von den Erkenntnissen amerikanischer Gelotologen anregen lassen.
19. Wo findet man Therapeuten,
die einen zum Lachen bringen?
In Deutschland gibt es nur wenige Therapeuten,
die qualifiziert mit therapeutischem Humor arbeiten. Die meisten
haben sich in der Fachgesellschaft "HumorCare" zusammengeschlossen,
die ihren Sitz in Zürich hat und Interessierten entsprechende
Auskünfte erteilt.
20. Was kostet das?
Eine von einem qualifizierten Therapeuten durchgeführte
humorbezogene Psychotherapie orientiert sich in aller Regel
am üblichen Krankenkassensatz.
21. Gibt es wirklich Lachclubs
und sind sie zu empfehlen?
Seit etwa drei Jahren gibt es in Indien, Australien,
den USA und jetzt auch in Deutschland "Lachclubs", die nach
der Methode von Dr. Madan Kataria aus Bombay vorgehen. Empfehlen
kann man diese Aktivitäten nur, wenn sie von einem erfahrenen
Arzt oder Therapeuten angeleitet werden.
22. Wie oft soll man eigentlich
lachen - welches Mass ist gesund?
Unsere persönliche Empfehlung ist, jede
passende Gelegenheit zum Lachen wahrzunehmen. Wer sich einer
Gruppe anschliesst, in der das "Reflexlachen" praktiziert wird,
sollte dies ein bis zweimal in der Woche für jeweils 15
bis 30 Minuten tun.
23. Wem raten Sie, eine humorbezogene
Therapie zu beginnen?
Jedem, der zu gewissenhaft ist, der zu Perfektionismus
und Selbstkontrolle neigt. Das sind Menschen, die in der ständigen
Angst leben, etwas falsch zu machen, unangenehm aufzufallen
und sich dadurch lächerlich zu machen. Diese Menschen "denken
doppelt": Sie fragen sich ständig: "Was denken die anderen
über mich, wenn ich nicht alles richtig mache"? Diese Menschen
müssen einen "Mut zur Unvollkommenheit" (der bereichsweise
dem "Mut zur Lächerlichkeit" entspricht) entwickeln, der
nur dann entsteht, wenn sie sich weniger Gedanken über
ihr Tun machen, wenn sie sich spontan und bedenkenlos auf das
einlassn, was Spass macht. Die Fähigkeit, über sich
selbst lachen zu können, ist dabei eine Grundvoraussetzung
für diesen heilsamen Einstellungswandel.
24. Kann Lachen auch krankhaft
sein?
Ja. Dr. Raymond Moody hat in seinem Buch "Lachen
und Leiden" ausführlich über Fälle berichtet,
bei denen Lachen ein Krankheitssymptom darstellt. Dies kann
bei bestimmten neurologischen Erkrankungen der Fall sein.
25. Wer zu viel lacht wirkt unernst,
lächerlich - ist das eine Gefahr?
Lächerlich wirken häufig Menschen,
die sich bemühen, möglichst normal zu wirken. Diese
Menschen nehmen das Leben viel zu ernst. Das Lachen der anderen
empfinden sie als Gefahr, weil sie sich ständig davor fürchten,
ausgelacht zu werden. Wenn sie selbst einmal lachen, wirkt dies
gekünstelt und verkrampft. Echtes Lachen ist demgegenüber
nie lächerlich, möglicherweise aber für sehr
ernste Zeitgenossen durchaus befremdlich.
26. Worüber lacht man in
anderen Kulturen?
Auch hier sind es grundsätzlich Kontrasterlebnisse,
die zum Lachen anregen. Allerdings bestimmen die jeweils gültigen
kulturellen Gewissensbarrieren, wie viel Schadenfreude dabei
einfliessen darf. In der Antike empfand man das herzlose Verhöhnen
behinderter Menschen als belustigend. Im heutigen China werfen
Zoobesucher Krokodilen kleine Küken zum Frass vor - und
amüsieren sich dabei köstlich. Dies wäre bei
uns undenkbar, obwohl auch wir über Normverletzungen lachen.
Allerdings beziehen sich diese in der Regel auf weniger grausame
Inhalte. Zum Beispiel lacht der deutsche Fernsehzuschauer am
liebsten über Zoten, wie Harald Schmidt kürzlich feststellte.
Das liegt auf der Ebene eines Humors, den schon Kinder besonders
lieben - wenn man den Aussagen des Psychoanalytikers Ernest
Borneman Glauben schenken will, der hunderte von entsprechenden
Beispielen analysiert hat. Borneman hat ermittelt, dass Kinder
alles lustig finden, was "unter die Gürtellinie geht".
Bis zu einem Alter von ungefähr sieben Jahren bezieht sich
diese Thematik auf die Produkte der Ausscheidungsorgane, danach
auf diese selbst. Neben diesen Tabuverletzungen wird der lustvolle
Umgang mit Aggressivität als Quelle einer Belustigung empfunden,
die grundsätzlich auch in die Witze Erwachsener einfliesst.
27. Wie entstehen eigentlich
Witze?
Witze sind die Schöpfung von Menschen,
die einen Spass an jeglicher Art von Normverletzung haben. Da
der Witz ein intellektuelles Wortspiel ist, müssen diese
Menschen einerseits sehr klug sein, andererseits muss es ihnen
Vergnügen bereiten, gerade die Klugheit auf die Schippe
zu nehmen. So entstehen logische Brüche - oder eben "Kontraste"
zwischen normalem und absurdem Denken. Wichtig für die
Konstruktion eines Witzes ist seine Knappheit und Kürze.
Langatmigkeit ermüdet den Zuhörer. Das zum Lachen
anregende Kontrasterlebnis ergibt sich aus der Pointe, der endgültigen
Zuspitzung der witzigen Erzählung. Hier lässt sich
auch von einem Paradebeispiel der Schlagfertigkeit sprechen.
Nur unter dieser Voraussetzung wird ein Witz, der ursprünglich
die Erfindung eines unbekannten Kreativen war, zum Gemeingut,
indem er - oft über Jahrzehnte hinweg - weitererzählt
wird.
September 99
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